Tierarztkosten ab August 2017

Die Kosten steigen ab Spätsommer 2017

Gebührenerhöhung für Juli oder August 2017 von Bundesrat beschlossen

Vor ein paar Wochen kam die Rechnung der Feuerwehr für den Notverschluss des eingeschlagenen Fensters in der Nacht des letzten Einbruchs in der Athenstraße. Knapp € 210.
Wenig? Viel? Zu viel? Um das zu beurteilen, muss man die Fakten kennen: Feuerwehr-Einsatz um 02.46 Uhr an einem Samstag, also noch mitten in der Nacht. Dauer etwa 30 Minuten, zzgl. An- und Abfahrt. Also insgesamt etwa 50-60 Minuten.

2 Feuerwehrmänner befestigen eine von ihnen vor der Praxis auf Maß zugeschnittene OSB-Platte am Fensterflügel, Materialkosten für Holz und Schrauben ca. € 10. Bleiben € 200, umzurechnen auf 2 Personen a jeweils 60 Minuten. Toller Stundenlohn? Scheint so. Aber stimmt das auch wirklich?

Worauf ich hinaus will? Vor ein paar Tagen fragte eine Kundin, ob wir denn nachts und am Wochenende erreichbar sind. Ich habe mit „nein“ geantwortet. Und mich gefragt, ob sie genau das ihren Zahnarzt oder Hausarzt auch schon einmal gefragt hat.

Bei Zahnärzten war es in der Vergangenheit (ich kenne den aktuellen Stand nicht) so, dass sie alle paar Monate Notdienst hatten, dann allerdings nur 2 Stunden am Vormittag, und nochmal 2 oder 3 Stunden am Nachmittag. Dazwischen und nachts durfte man dann am gesamten Wochenende nach Würzburg in die Zahn-Uniklinik fahren (eigene schmerzhafte Erfahrung), da beim Notdienst-Zahnarzt nur der AB dran ging.

Auch die Hausärzte, die noch nach Hause kommen oder überhaupt am WE erreichbar sind, scheinen auszusterben. Auch hier gibt es einen Notdienst, der allerdings skurile Blüten treibt.

So kann es vorkommen, dass man einen Kinderarzt benötigt, der Notdienst aber von einem Augenarzt besetzt ist (weil der halt an diesem WE an der Reihe ist), der einem nicht weiter helfen kann, als zu empfehlen, doch gleich nach Würzburg in die Kinder-Uniklinik zu fahren.

Arbeit Nachts und am Wochenende

Für Tierärzte eine Selbstverständlichkeit?

Womit ich wieder beim Thema wäre. Als wir noch eine Tierklinik mit 24h/365Tage-Service waren, durften wir uns mit dieser Art der „Berechnung“ von Notdienstgebühren regelmässig auseinandersetzen.

Unvergesslich die Kundin, deren Hund (laut ihrer Schilderung am Telefon bei ihrem Anruf gegen 03.00 Uhr) seit mehreren Tagen beim Kollegen XY in Behandlung gewesen sei, dem es aber immer noch gar nicht besser ginge, und nun mache sie sich Sorgen, er könne noch in dieser Nacht sterben. Sie wurde reinbestellt, der Hund um 03.30 Uhr von einer unserer damaligen Assistenztierärztinnen gründlichst untersucht, ein Röntgenbild gemacht, 2 Spritzen gegeben. Als sie dann die Rechnung hierfür bezahlen sollte (es waren ca. € 120, also damals etwa das Doppelte dessen, was es tagsüber gekostet hätte), explodierte diese Kundin. Auf unsere diensthabende junge Assistentin ging ein wüster Sturm von Beschimpfungen nieder, am nächsten Tag durfte ich mir das ganze dann nochmal am Telefon anhören. Die Kundin war der Meinung, wir hätten absolut nichts gemacht, und dem Hund ginge es angeblich (überprüfen durften wir das nicht) auch kaum besser. Dafür seien ihrer Meinung nach 120 € viel zu viel. Wohlgemerkt für eine Leistung um 03.30 Uhr nachts.

Nun, das Fenster war nach dem Einsatz der Feuerwehr zwar notdürftig abgedichtet, aber immer noch kaputt. Die Materialkosten vergleichsweise gering. Der Arbeitsaufwand übersichtlich.

Sind dafür also € 210 auch viel zu viel?

Nun, wenig ist es nicht. Aber um diese Uhrzeit, für den Einsatz zweier Personen, die schon kurz nach dem Anruf zur Stelle waren, wohl absolut angemessen. Ich werde mich sicherlich nicht beschweren, ganz im Gegenteil, der Betrag ist längst überwiesen. Ich weiß es zu schätzen, dass mir sofort geholfen wurde. Welchen Handwerker sonst hätte ich um diese Uhrzeit erreichen können?

Nun sind wir schon seit Jahren keine Tierklinik mehr. So wie auch viele andere Tierkliniken aus immer den gleichen Gründen ihre Zulassung zurückgegeben haben (im Landkreis Schweinfurt existiert seit ca. 3 Jahren keine Tierklinik mehr).

Die Diskussion um die Angemessenheit von Rechnungshöhen ist aber auch tagsüber geblieben. So beschwerte sich zuletzt ein Kunde über die seiner Meinung nach nicht erfolgreiche Behandlung seiner Katze und verweigerte die Bezahlung. Nicht wissend, dass ein Tierarzt keine „gesundheitliche Wiederherstellung“ schuldet, sondern „lediglich“ die sachgerechte und sorgfältige Durchführung der Behandlung. Was nicht bedeutet, dass die Katze danach auch wieder gesund sein muss. Manchmal geht das nämlich gar nicht. So wie die Feuerwehr auch das Fenster nicht unbedingt sofort ersetzen muss, sondern nur dafür Sorge zu tragen hat, dass es abgedichtet ist.

Was teuer oder zu teuer ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Erstaunlicher Weise scheint beim eigenen Tier vieles zu teuer zu sein, für Freizeit, Essen, Auto und Urlaub hingegen aber oft nichts gut oder teuer genug.

Die Gebührenordnung für Tierärzte GOT wurde zuletzt vom Gesetzgeber, der die Gebührenhöhe innerhalb des ein bis dreifachen Satzes vorgibt, vor 8 Jahren erhöht. Wurde Ihr Gehalt auch zuletzt vor 8 Jahren erhöht? Nun, dann sind Sie vermutlich in keiner Gewerkschaft, haben keinen Tarifvertrag, oder sind möglicher Weise auch selbstständig. Nun scheint festzustehen, dass die GOT noch in diesem Jahr angepasst werden soll. In Tierärztekreisen rechnet man mit einer Erhöhung von 20%. Nach 8 Jahren Nullnummer. Vermutlich wird es aber weniger werden als 20%. Bevor jetzt argumentiert wird, das sei ja wie bei den Lufthansapiloten: deren Traumgehälter und Ruhestandsregelungen hätten viele Tierärzte auch gern. Ein Drittel aller in eigener Praxis tätigen Tierärzte verdient weniger als 2.500€ brutto im Monat.

Lange wird die GOT eh keinen Bestand mehr haben, die EU plant die Abschaffung. Was dann passieren wird sieht man am Beispiel der Länder, die keine Gebührenordnung mehr haben. Dort kam es schnell zu einem Preisunterbietungskampf der Tierärzte, deren Praxen eh schon am unteren Rand der Einkommensspirale standen. Viele dieser (meist von Frauen betriebenen) Praxen mussten aufgeben und verschwanden vom Markt. Nach einer Bereinigungsphase waren die Preise letztlich wesentlich höher als zuvor. Wobei die Tierarztkosten in Deutschland, im Vergleich zu andern EU-Ländern, eh schon vergleichsweise niedrig sind (wenn Ihnen das nicht so scheint: gehen Sie mal in Schweden, Dänemark oder Frankreich zum Tierarzt).

Also, bereiten Sie sich darauf vor, die Kosten für Behandlungen beim Tierarzt werden in absehbarer Zukunft erheblich steigen. In anderen Ländern der EU ist dies längst der Fall.

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